Mistral

In Frankreich wird der Mistral in zwei Schneisen kanalisiert und damit verstärkt: dem Rhonetal und der Garonne-Carcasonne-Senke. Die Richtung ist WNW und N. Im Rhonetal wachsen deshalb die Bäume häufig schief (Windschur).

Liegt ein Tief oder Trog südlich der Alpen, steigt der Druckunterschied zwischen Alpen und Pyrenäen: der Mistral wird regelrecht ins Mittelmeer getrieben.
So einen Fall zeigt die Wetterkarte vom 8.7.1998. Hier sind deutlich die hohen Windgeschwindigkeiten im Golfe du Lion zu erkennen.

Überraschend: Der Golfe du Lion ist eines der sturmreichsten Seegebiete der Erde. Hier weht das ganze Jahr über ein mittlerer Wind mit mehr als 11 kt, im Februar teilweise sogar mehr als 25 kt (6 Bf). Fast alle Stürme sind Mistrale. Wie die Statistik zeigt, bläst der Mistral am häufigsten im Februar, am geringsten im Juni. Im Sommer dagegen bringt er es nur auf starken Wind. Durchschnittliche Dauer eines Mistral: 3 bis 4 Tage. Klar, daß starke Vertreter ihrer Zunft sogar die afrikanische Küste und die Straße von Sizilien erreichen.

Regionales

Eine Vergrößerung zeigt den Mistral im Osten der Pyrenäen, er heißt dort "Tramontane". Der Tramontane wird verstärkt durch ein Leetief im Süden des Gebirges; zusätzlich wird er am Ostrand der Pyrenäen durch den Düseneffekt beschleunigt, wie die Wetterkarte vom 9.3.1998 zeigt (hier sind es 50 kt). Dieser Regionalwind reicht bis zu den Balearen, nimmt auf dem Weg dahin aber deutlich ab.

Eine spanische Variante des Mistral gibt es im Ebrotal: den "Cierzo". Das Tal kanalisiert den trocken-kalten Nordwestwind und verpaßt ihm in der Talmitte sowie im Flußdelta die höchsten Geschwindigkeiten. Im Vergleich zum Tramontane ist der Cierzo oder "Mestral", wie er mitunter auch heißt, schwächer: ein typischer Wert sind 30 kt. Zieht eine Kaltfront von Nordwesten her über Spanien zum Mittelmeer, läuft der Cierzo zur Hochform auf.

Entstehung
  • Der Mistral wird durch eine Kaltfront eingeleitet, die aus Nordwesten in das Mittelmeer vorstößt.
  • Beispiel: Ein atlantisches Tief zieht über Frankreich nach Deutschland. Vom Herbst bis zum Frühjahr heißt das: Sturm oder Orkan sowie extreme Seegangsverhältnisse.
  • Nach Durchzug der Kaltfront dreht der Südwestwind auf West und legt innerhalb von 20 Minuten auf Stärke 10 zu, in Böen 11 bis 12. Die Luft wird trockener und die Sicht bessert sich drastisch. Die Kaltfront kann der Westüste Siziliens10 Beaufort bringen und sogar noch Malta Stärke 8.
  • Windsee baut sich auf. Zunächst kurze steile Wellen von 5 m. Dann wird die See länger. Dafür wachsen die Wellen nach einigen Stunden auf 8 bis 10 m Höhe an. Die Wellenhöhen kann man nur mit Hilfe von Bezugsgrößen wie z. B. einem Frachter abschätzen.
  • Die Mistral-Luft kommt im Golfe du Lion trocken und meist wolkenlos an; erst allmählich nimmt sie über Wasser Feuchtigkeit auf, so daß sich Cumulus-Wolken bilden. Die Wolken werden auf dem weiteren Weg mächtiger: Schauer und Gewitter sind die Folge.
  • Fazit: Bei einem schweren Mistral kann man wegen des extrem steilen Steegangs nicht vor dem Wind ablaufen. Ein "Zurück" ist nicht mehr möglich. Deshalb im Herbst, Winter und Frühjahr bei einer mistralverdächtigen Wetterlage den Golfe du Lion meiden.

Besonderheiten
  • Windrichtung an der Küste östlich von Marseille: West.
  • Windrichtung im Seegebiet zwischen Balearen und Korsika/Sardinien: Nordwest.
  • Kanalisierung und Düsenwirkung in der Straße von Bonifatio bei Wind und Seegang. Seegang setzt bis 2 sm/h nach Osten.
  • Im Golfe du Lion und westlich von Korsika/Sardinien sehr hohe See. Wellenhöhe bei Orkan: 10 m.
  • Klar, daß man bei Mistral Luvküsten meiden soll. Die Leeküsten im Osten der Inseln bieten aber auch nicht immer Schutz. An Leeküsten von Gebirgsinseln wie Korsika und Sardinien gibt es Fallböen, die durch Gebirgspässe noch verstärkt werden. Berüchtigt ist der Hafen von Bastia, wo Böen bis 40 kt wüten können. Insgesamt gibt es an den Westküsten von Korsika und Sardinien höheren Seegang und häufiger Sturm als an den Ostküsten.
  • Vor Korsika nimmt der Mistral von Norden nach Süden hin zu, also von Calvi nach Bonifatio.
  • In Sardinien ist im Golf von Cagliari infolge Düseneffekt mit starkem Wind aus NW zu rechnen.